Markthalle

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Zürcher Engros Markthalle AG

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Zürcher Engros Markthalle AG
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8048 Zürich

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Landfrauen erkunden Engrosmarkt

STAMMERTAL – Der grösste Frischmarkt der Schweiz befindet sich mitten in Zürich. Jede Nacht werden dort 800 Tonnen Früchte und Gemüse umgeladen. Die Landfrauen aus dem Stammertal staunten auf ihrem Ausflug über die bunte Vielfalt.

Das Jahresprogramm der 220 Landfrauen wurde bald nach der GV im Februar sistiert. Erst letzte Woche wagten 20 Frauen den ersten grösseren Vereinsausflug zum Zürcher Engrosmarkt und stiegen kurz vor vier Uhr morgens in den Car. Praktisch kein Verkehr, die Pendler alle noch im Bett.
Auch auf dem Gelände des Umschlagplatzes in Zürich-West waren unerwartet viele der 600 Park- und Umladeplätze leer. «Hier ist der grösste Rummel schon fast vorbei», erklärte der technische Leiter, Paul Konetschny. Zwischen 1.30 Uhr und 4 Uhr früh kommen jeweils die ersten Lieferwagen, um die bestellten Gemüse, Früchte und Molkereiprodukte abzuholen.
Die Ware geht in Hotels, Restaurants, Lebensmittelläden und – in normalen Zeiten – zu Marktfahrern. Wer professionell Gemüse und Früchte umsetzt und die Jahresgebühr von 30 Franken bezahlt hat, ist zutrittsberechtigt.
Nebenan auf dem Parkplatz räumte ein Gemüseproduzent aus der Region die letzten paar Kistchen mit Radieschen zurück in sein Auto. «Die verkaufe ich im Hofladen», sagte er. Dreimal in der Woche fährt ein Dutzend regionaler Produzenten mit ihren Waren vor. Regional und Bio seien konstant gefragt.

Lagern, Kühlen, Reifen

Weit mehr der 800 Tonnen Lebensmittel, die hier jede Nacht für rund eine Million Franken umgesetzt werden, wird aber im Inneren der drei zweigeschossigen Hallen gelagert und verkauft. Unter den 6300 Quadratmetern Verkaufsfläche liegen 5600 Quadratmeter Kühlfläche und eine Bananenreiferei. Dort bekommen die empfindlichen Früchte wesentlich mehr Zeit zum Nachreifen als bei den Grossverteilern – diese haben ohnehin eigene Logistikzentren und sind im Zürcher Engrosmarkt nicht vertreten.
Solch eine luxuriöse Infrastruktur war bis vor 40 Jahren ein Wunschtraum. Damals lag das Areal noch am Stadtrand und ideal neben Bahn- und Autobahnanschlüssen. Vor allem italienische Gastarbeiter boten ihre Direktimporte direkt neben den Gleisen an, bei jedem Wetter. Heute ist Zürich-West zu einem Stadtteil geworden. Rundum wird gewohnt, gearbeitet und gefeiert.

Am Anfang viele Gastarbeiter

«Bis 1980 fand der ganze Handel unter freiem Himmel statt, erst dann wurde auf private Initiative hin eine gute Infrastruktur gebaut», erzählte der Guide den Frauen. Viele der 40 heutigen Anbieter seien schon bei der Gründung dabei gewesen und nicht nur Mieter, sondern Aktionäre.
In den Hallen präsentieren die Firmen ihre Ware. Kleinere Mengen packen sie direkt in die Einkaufswagen der Kunden. Viele Anbieter sind gleichzeitig Importeure, Zwischenhändler und Endverkäufer mit eigenen Läden, und viele sind auf bestimmte Produkte und Herkunftsregionen spezialisiert.

Jeden Tag Mailand-Zürich

Der Guide stoppte bei Lukas Jehle, dessen Firma vor allem aus Italien importiert. «Jede Nacht bringen unsere Lastwagenchauffeure ihre Ware direkt aus Mailand. Mailand ist der grösste Umschlagplatz Europas für Früchte und Gemüse», erklärte Lukas Jehle. Immer mittwochs fährt er selbst hin und sucht im Auftrag seiner Kunden die schönsten Spezialitäten aus. Die kulinarisch wahrlich auch nicht hinter dem Mond lebenden Frauen aus dem Stammertal mussten ihn mehrmals fragen, was dieses Gemüse oder jene Frucht denn genau sei. «In den Mittelmeerländern gibt es eben viele Sorten, die bei uns immer noch fast unbekannt sind. Sie werden vor allem von Delikatessenhändlern und Restaurants bestellt», erklärte er.

Der Corona-Effekt ist vorbei

Auch bekannte Händler wie Marinello (Zürich) oder Giovanelli (Frauenfeld) waren präsent. Die Stimmung unter den rund 400 Mitarbeitern der Firmen schien familiär und fröhlich, es ging auf das Ende des Arbeitstags zu.
Vor Kurzem sei das noch anders gewesen, erzählte Paul Konetschny später auf dem Rundgang. «Während dem Lockdown lief der Detailhandel gut, und die Hofläden erlebten sogar eine sensationelle Nachfrage. Aber unsere auf Gastronomie spezialisierten Lieferanten verloren fast über Nacht bis zu 90 Prozent ihres Umsatzes, das war dramatisch.» Inzwischen sei wieder Normalität eingetreten. «Die Kunden sind zu ihren alten Gewohnheiten zurückgekehrt. Das merken wir. Und auch der extreme Run auf die Hofläden und lokalen Produzenten dauerte leider nur kurz.»
Trotzdem hoffe er, dass sich nach Corona ein gewisses Umdenken etabliere. «Exotische, unreife Ware aus anderen Weltteilen ist ja zum Glück schon eine ganze Weile nicht mehr so gefragt. Der Trend geht zu saisonalen, gut ausgereiften Produkten aus der Schweiz oder den Nachbarländern.» Damit sind die Landfrauen natürlich einverstanden.

Quelle: Andelfinger Zeitung (Silvia Müller)